Die chronische Nierenerkrankung der Katze (kurz CNE) gehört zu den häufigsten Erkrankungen mit Todesfolge bei der Katze. Charakteristisch für die Erkrankung ist ein fortschreitender (progressiver) und unumkehrbarer (irreversibler) Funktionsverlust des Nierengewebes. Das bereits geschädigte Nierengewebe kann sich nicht mehr regenerieren. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch einen schleichenden Prozess, der sich über Monate oder Jahre entwickelt. Die Besitzer erkennen die klinischen Symptome häufig erst, wenn der Krankheitsverlauf bereits fortgeschritten ist.
Die Nieren haben als Entgiftungsorgan eine lebenswichtige Funktion im Körper: Neben der Filtration des Blutes ermöglichen sie die Ausscheidung unbrauchbarer und schädlicher Stoffwechsel-Endprodukte, die während der Verwertung von Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten entstehen. Das sind zum Beispiel Harnstoff aus dem Proteinstoffwechsel und Kreatinin aus dem Muskelstoffwechsel. Ein erhöhter Gehalt an harnstoffpflichtigen Substanzen im Blut (= Azotämie) kann über eine Blutuntersuchung im Labor bereits frühzeitig festgestellt werden. Weitere Aufgaben der Niere sind die Regulierung des ph-Wertes, des Blutdruckes und des Wasserhaushaltes durch verstärkte oder verminderte Flüssigkeitsabgabe. Es werden auch Hormone in der Niere gebildet (Erythropoetin -> ist beteiligt an der Bildung roter Blutkörperchen, Calcitriol -> spielt eine wichtige Rolle im Vitamin D und Calciumstoffwechsel).
Dieser kurze Exkurs zeigt, wie wichtig die Niere als Entgiftungsorgan des Körpers ist und dass die Schädigung des Nierengewebes zu einer schleichenden Vergiftung des Körpers führt.
Symptome
Hier gilt: Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto früher kann man eingreifen und das Fortschreiten des Krankheitsprozesses verlangsamen. Dabei sind aufmerksame Katzenbesitzer von großer Bedeutung: Die klinischen Symptome einer CNE sind sehr vielfältig und nicht unbedingt spezifisch für eine Nierenerkrankung. Es gibt vielfältige Erkrankungsbilder der Katze, wie zum Beispiel die Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) und der Diabetes mellitus, die ähnliche Symptome aufweisen. Daher ist eine ausführliche klinische Untersuchung und Diagnostik essentiell.
Hinweise auf eine chronische Nierenerkrankung bei der Katze sind folgende:
Appetitlosigkeit (Anorexie)
Übelkeit/Erbrechen (Emesis)
Gesteigerter Harnabsatz und gesteigerter Durst (Polyurie und Polydipsie)
Gewichtsabnahme (Kachexie)
Blutverlust (Anämie)
Bluthochdruck
Mundgeruch (Foetor ex ore)
Durchfall (Diarrhoe)
Die Anzahl der Symptome unterscheidet sich je nach Stadium der Erkrankung. Insgesamt gibt es vier Krankheitsstadien. Im fortgeschrittenen Stadium verändert sich zusätzlich die Fellqualität ihrer Katze, es wirkt stumpf und schütter. Außerdem macht ihre Katze insgesamt einen ausgezehrten, dehydrierten und kraftlosen Eindruck.
Diagnostik
Die Diagnose einer CNE erfolgt über eine detaillierte Anamnese (Aufnahme der Krankheitsgeschichte und der klinischen Symptome), eine klinische Untersuchung ihrer Katze sowie einer Blut- und Urinuntersuchung. Bildgebende Verfahren wie Röntgen und Ultraschall können zur Bestätigung der Diagnose eingesetzt werden. Durch die fortschreitende Erkrankung verändert sich die Größe, Form und Oberflächenbeschaffenheit der Niere (sogenannte Schrumpfnieren). Dies läßt sich durch bildgebende Diagnostik gut darstellen und Differentialdiagnosen können ausgeschlossen werden. Gegebenenfalls ist auch eine Blutdruckmessung bei ihrer Katze sinnvoll, da eine CNE häufig mit einem erhöhten Blutdruck einhergeht.
Ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik ist - wie oben bereits erwähnt - die Labordiagnostik. Es gibt seit einigen Jahren einen Nierenparamenter als Ergänzung zu den „klassischen“ Nierenwerte wie Harnstoff und Kreatinin, den Biomarker SDMA (symmetrisches Dimethylarginin), der bereits bei einem Funktionsverlust der Niere von 25% erhöht sein kann. Der Biomarker wird nicht von Faktoren wie Ernährung beeinflusst und trägt dazu bei, dass Veränderungen im Nierenstoffwechsel früher nachgewiesen werden können. Dadurch kann die Behandlung früher beginnen und die Prognose für den weiteren Krankheitsverlauf verbessern. Eine weitere sinnvolle labordiagnostische Massnahme ist die Bestimmung des Protein-Kreatinin-Quotienten des Urins der betroffenen Katze. Es handelt sich um eine einfache Testmethode, mit der gemessen wird, ob eine sogenannte Proteinurie vorliegt. Proteinurie bedeutet das übermässige Vorliegen von Eiweißen im Urin. Das Ergebnis zeigt an, wie viel Protein über die Niere verloren geht und ob dieser Verlust bedenklich für den Gesundheitszustand der Katze ist.
Management der chronischen Nierenerkrankung
Die Behandlung einer CNE erfolgt symptomatisch und unterstützend, da eine Heilung nicht möglich ist. Zu Beginn der Therapie benötigen einige Katzen eine intravenöse Infusionstherapie, um der Austrocknung des Körpers entgegenzuwirken und eventuell vorhandene Verschiebungen im Mineralstoff- und Elektrolythaushalt zu regulieren. Nach der Stabilisierung der Katze dienen die weiteren Behandlungen dazu, die Funktion der Nieren zu unterstützen und die Folgeerscheinungen der Nierenerkrankung zu minimieren.
Das Management der Fütterung spielt bei der nierenerkrankten Katze eine große Rolle. Dabei sind folgende Punkte besonders zu beachten:
1) Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wasseraufnahme
Um den Begleiterscheinungen wie Austrocknung ihrer nierenerkrankten Katze entgegenzuwirken, ist es wichtig, auf eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit zu achten. Da die Katze ihre Wasseraufnahme hauptsächlich über ihr Futter reguliert, ist die Umstellung auf Nassfutter anzuraten. Außerdem berichten einige Katzenbesitzer, dass die Anschaffung eines Trinkbrunnens ihre Katze zum vermehrten Trinken animiert habe.
2) Reduktion des Eiweißgehaltes im Futter
Eine eiweißarme Ernährung verringert die Ansammlung von körpereigenen Giftstoffen und führt damit zur Verbesserung der Lebensqualität ihrer Katze.
3) Reduktion des Phosphorgehaltes im Futter
Zur Verhinderung einer weiteren Schädigung der Nieren und zur Entlastung der Nierenfunktion sollte der Phosphorgehalt im Katzenfutter deutlich reduziert werden. Die Phosphorreduktion führt laut wissenschaftlicher Studien zur Verlängerung der Lebenszeit ihrer nierenerkrankten Katze.
Aufgrund der vielen Aspekte, die man bei der Ernährung einer Katze mit CNE beachten muss, ist es für den Katzenbesitzer am sinnvollsten eine spezielle Nierendiät zu füttern. Diese wird von namhaften Firmen angeboten wie Royal Canin (Renal), Vet Concept (Low Protein) oder Hill’s (k/d kidney/care). Sollten Sie selber für ihre Katze kochen wollen, sprechen Sie uns ruhig an, dann erhalten Sie ein Rezept für die Zubereitung eines Nierendiätfutters.
Des weiteren kann der Einsatz von Phosphatbindern (zum Beispiel Pronefra der Firma Virbac, Ipakitine der Firma Vetoquinol) sinnvoll sein. Hier gibt es inzwischen eine breite Palette an Ergänzungsfuttermitteln in Form von oralen Lösungen oder Pulver. Die genannten Mittel binden den Phosphor aus der Nahrung und verhindern so die Aufnahme in den Blutkreislauf.
Einige Katzen mit CNE haben zusätzlich einen Kaliummangel. Da dies zur weiteren Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes beitragen kann, sollte Kalium über das Futter zugesetzt werden, um den Mangel auszugleichen.
Ein weiterer wichtiger Ansatz bei der Therapie ist der Einsatz von ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptor-Blockern. Die Blockierung des Hormons Angiotensin ist von großer Bedeutung für die Behandlung der nierenerkrankten Katze. Dazu werden sogenannte ACE Hemmer wie Ramipril (Vasotop) oder Benazepril (Fortekor) und Angiotensin-Rezeptor-Blocker wie Telmisartan (Semintra) eingesetzt. Diese Medikamente erweitern die Blutgefäße und tragen damit zur besseren Durchblutung der Nieren bei. Außerdem haben sie auch einen positiven Einfluß auf die Blutdrucksenkung und verringern den Eiweißverlust über die Nieren.
Da Katzen mit einer CNE auch häufig einen erhöhten Blutdruck entwickeln, ist eine regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks sinnvoll. Ein erhöhter Blutdruck kann zu weiteren Schädigungen der Organe führen: Blutungen im Auge führen beispielsweise zur Erblindung ihrer Katze. Des weiteren kann der erhöhte Blutdruck zu weiteren Nierenschädigungen beitragen.
Sollte ein erhöhter Blutdruck beim Tierarzt diagnostiziert werden, ist die Therapie mit sogenannten „Vasodilatatoren“ anzuraten. Das hier am häufigsten eingesetzte Medikament ist Amlodipin.
Im fortgeschrittenen Stadium der CNE kommt es häufig zur Entwicklung einer Blutarmut. Ursächlich dafür ist die verringerte Produktion des Hormons Erythropoetin (kurz EPO). Eine Blutarmut kann zu Müdigkeit und Schwäche und damit einhergehend schlechter Lebensqualität führen. Eine Therapieoption wäre ibeispielsweise der Einsatz des oben genannten Hormons EPO.
Die Behandlung von Übelkeit und Erbrechen stellt auch einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität ihrer nierenerkrankten Katze dar. Im fortgeschrittenen Stadium gehören Übelkeit und Erbrechen zu den typischen Symptomen und führen häufig zu Appetitlosigkeit und verringerter Lebensqualität. Hier stehen dem Tierarzt einige Medikamente zur Verbesserung der Symptome zur Verfügung.